Eine neue Ära beginnt - Astrofotografie auf einem neuen Level mit neuem Teleskop & Kamera

Die ganze Geschichte begann an einem Morgen früh, als ich die Nachricht vom befreundeten Astrofotografen Beni Kissling las, ob ich sein Equipment übernehmen möchte. Ich lachte über den Witz und fragte zurück, ob er nicht zufrieden gewesen wäre mit den Astrofotos der letzten Nacht oder was denn los wäre. Erst nach seiner Antwort bemerkte ich, dass dies kein Witz war - sondern der Beginn von was Grossem! Bei der Ausrüstung handelt es sich um ein CDK12.5 von Planewave, einem absoluten Spitzengerät für die Astrofotografie. Die Kamera steht dem Teleskop in Nichts nach: Eine Vollformat-Kamera von SBIG namens STL11000. Das ist, wie wenn man einen Fiat-Panda Fahrer fragt, ob er nicht den Ferrari übernehmen möchte. Wow. Und ob ich wollte! Doch zuerst gingen wir mal sämtliche Optionen durch und besprachen den Deal und seine Anschlusslösung über Tage hinweg. Am letzten Freitag, dem 11. November, war es soweit und wir machten die Übergabe der beiden Traumgeräte. Schnell spielten wir die benötigte Software auf das Sternwarten-Notebook und siehe da - alles lief einwandfrei! Beeindruckend war u.a. wie beim geöffneten Filterrad mit 7 Positionen jeder Filter schnell & ganz exakt angefahren wurde, sobald man in der Steuersoftware den Befehl dazu gab. Und was für Filter sich erst im Gehäuse verstecken: Schmalbandfilter wie Halpha, S2 und O3. Meine Augen begannen zu glänzen und ich realisierte, dass dies für mich ein Quantensprung sein wird, da ich bisher mit einer einfachen Farb-Kamera von Celestron gearbeitet habe.

Am nächsten Tag habe ich dann das neue Equipment in der Sternwarte aufgebaut - und nun kommt der härteste Teil der Umstellung: Warten auf gutes Wetter! Also, der neue Ferrari steht in der Garage und ich freue mich gigantisch auf die erste Ausfahrt!

Bernhard Roth - Sternwarte Flumenthal - 16.11.2016

Das neue Equipment der Sternwarte Flumenthal: CDK 12.5 und SBIG STL11000
Das neue Equipment der Sternwarte Flumenthal: CDK 12.5 und SBIG STL11000

Mars Attacks!

Das erste, eigene Foto vom Mars - 21.05.2016
Das erste, eigene Foto vom Mars - 21.05.2016

Ende Mai 2016 nähert sich unser rote Nachbarsplanet so nahe der Erde, wie in den nächsten 10 Jahren nicht mehr! Er wächst dabei auf einen scheinbaren Durchmesser von 18.6 Bogensekunden an, was es erlaubt, einige Strukturen mit Hilfe von einem Teleskop zu erkennen.

 

Aber …. Und dieses "aber" wiegt schwer: Da die Marsopposition im Sommerhalbjahr stattfindet, befindet sich die Ekliptik und ergo die Position der Planeten sehr tief südlich. Man beobachtet den Mars nur knapp über dem Südhorizont und er klettert höchstens auf 18°. Die Nähe zum Horizont führt dazu, dass das Licht vom Planeten einen viel weiteren Weg durch unsere Atmosphäre zurücklegen muss, als wenn er direkt im Zenit stehen würde. Der Anblick des Planetenscheibchen erinnert dann stark an das Beobachten von Fischen von einem Boot aus: Das Bild wabbelt hin und her und die Schärfe lässt zu wünschen übrig. Beni Kissling und ich liessen uns trotz den schlechten Rahmenbedingungen nicht die Gelegenheit nehmen, ein Foto vom Mars in der Opposition zu schiessen.

Für mich war die Fotografie vom Mars eine Premiere - umso mehr freute ich mich, als wir sahen, dass wir wirklich verschiedene Strukturen auf der weitentfernten Planetenoberfläche ausmachen konnten! Im Grenzbereich der Wahrnehmung liegt der Olympus Mons oben rechts auf 1 Uhr Position. Olympus Mons ist der grösste Vulkan im Sonnensystem mit einer Höhe von 22 Kilometern (Der irdische Mount Everest bringt es auf etwas über 8,8km).

Zum Vergleich der Strukturen habe ich unten rechts noch eine Stellarium-Simulation des Mars zum Zeitpunkt der Aufnahme hinzugefügt..

 

Der Planet Merkur schwirrt vor der Sonne vorbei

Gut, der innerste Planet unseres Sonnensystems "schwirrte" nicht vorbei, sondern zog gemäss richtiger Definition auf einem "Transit" von der Erde aus gesehen über die Sonnenscheibe. Doch irgendwie musste man dieses Event ja ein bisschen Aufpeppen. Ansonsten besteht es daraus, dass man einem 12 Bogensekunden kleinen schwarzen Flecken während 7 Stunden lange beobachtet. *gähn*. In der Region Solothurn sorgte jedoch das Wetter für erhöhten Puls, da es zur Mittagszeit noch bewölkt war und sogar regnete! In der Not entschloss ich mich dazu, die Gelegenheit zu nutzen und die Fassade der Sternwarte mit Schwamm & Eimer gründlich zu putzen. Nach 2-3 Stunden wurde das Putzen jedoch mühsam ... ich streckte mich hoch um auch jeden möglichen Schmutz auf der Kuppel weg zu waschen. Es war heiss in den Arbeitskleider und die Sonne schien mir ins Gesicht. Moment mal. Die Sonne?? Schnell schmiss ich den Schwamm in eine Ecke, startete das Notebook und die Stromversorgung des Notebooks. ich musste unbedingt die Wolkenlücke nutzen um einen Blick auf den Merkur vor der Sonnenscheibe zu erhaschen. Der neu gebastelte Filter für das Pentax 75SDHF Teleskop schien zu halten. Doch wie kriegte ich die ASI120 Kamera ans Teleskop? da lagen ca. 8 Adapter in allen möglichen Variationen - und keiner passte. Und wenn er passen würde, kam ich nicht in den richtigen Fokus. Schlussendlich kam mir die Idee in den Sinn, die Hülse vom Umlenkspiegel mit einem Innensechskant-Schlüssel zu lösen. Und siehe da - es passte. Die Sonne war schnell gefunden und schon sah ich den kleinen, kleinen schwarzen kugelrunden Merkur vor der Sonnenscheibe. Ich schoss eine Serie mit verschiedenen Parameter wir Belichtungszeit und Gain - und dann waren schon wieder die Wolken da. Ich schaltete die Kamera aus, schnappte mir den Schwamm und putze weiter. Im Jahr 2032 kommt der nächste Merkur-Transit ...

Bernhard Roth - Sternwarte Flumenthal - 09.05.2016

Der Merkurtransit vom 09. Mai 2016 fotografiert von der Sternwarte Flumenthal aus - Pentax 75 SDHF mit ASI-120 (ca. 8ms, 100-150 Frames)
Der Merkurtransit vom 09. Mai 2016 fotografiert von der Sternwarte Flumenthal aus - Pentax 75 SDHF mit ASI-120 (ca. 8ms, 100-150 Frames)

Der Jäger wird gejagt!

Was machen eigentlich Astronomen genau? Die Antwort: Warten. Über die Wintermonate hinweg gab es zwar einige klaren Nächte, doch hier im Schweizer Mittelland hielt sich der Nebel hartnäckig und äusserst zuverlässig. Doch es gibt Lichtblicke - bevor das Wetter wechselt und sich Regen ankündigt, kann es ab und zu klar werden und der Nebel bleibt fern. Genau so war es am Freitag, 29. Januar 2016. Müdigkeit von einer langen Arbeitswoche hin oder her, ich musste unbedingt in die Sternwarte. Also schwang ich mich aufs Velo und fuhr nach Flumenthal. Dort erwartete mich ein klarer Himmel und die Sternwarte, welche keine offensichtlichen Schaden während dem Überwintern nahm. Ich legte sogleich ohne grosse Einstellarbeiten los, denn mein Hunger nach Photonen war riesig. Ich wollte auf keinen Fall Stundenlang alles genau einrichten, um dann festzustellen, dass Wolken aufzogen! Zuerst nahm ich mein Primärziel ins Fadenkreuz: eine wunderschöne Nebelkonstellation im Gürtel vom Orion, dem Himmelsjäger. Drei Sterne in einer Linie bilden den Gürtel und beim östlichsten Stern, Alnitak residiert ein Sammelsurium an Nebeln: Der Pferdekopf-Nebel IC434, der Flammennebel NGC2024 und der kleine NGC2023. Ich schoss 39x80s bei -15 Grad Celsius Chiptemperatur:

Der Pferdekopf mit Flammennebel im Gürtel des Orions - 39x80s - Aufgenommen am 29.01.2016 in der Sternwarte Flumenthal
Der Pferdekopf mit Flammennebel im Gürtel des Orions - 39x80s - Aufgenommen am 29.01.2016 in der Sternwarte Flumenthal

Nachdem das Teleskop mittels Föhn vom Tau befreit worden ist, nutzte ich die verbliebene Zeit, um den Orion-Nebel M42 abzulichten. An diesem habe ich mich schon früher versucht, jedoch ohne Hyperstar. Ich war gespannt, wie sich die kürzere Brennweite auswirkte: Und siehe da, für ein Experiment war es ganz schön erstaunlich :) Bereits 15x60s reichten aus, um den Nebel mehr oder weniger abzulichten. dabei war natürlich das Zentrum mit den Trapezsternen total überbelichtet. Dennoch ist es eine nette Trophäe in meiner Gallerie:

In dieser Nacht wurde als Orion der Jäger zum Gejagten. Ich will mehr von diesen klaren Winternächten .... und ich verspreche Euch, das nächste mal wird es kein Experiment mehr und die Fotos werden noch besser. Clear skies,

Bernhard Roth

29. Januar 2016

Sternwarte Flumenthal

Der Orionnebel M42 aufgenommen am 29.01.2016 mit dem Hyperstar C14 EdgeHD (15x60s)
Der Orionnebel M42 aufgenommen am 29.01.2016 mit dem Hyperstar C14 EdgeHD (15x60s)